Nomio
Gründerin von Jurtenleder
Weitere Beiträge
RATGEBER
Was ist eigentlich Full-Grain-Leder und was macht es so besonders?
Nomio
30. September 2020 | Lesezeit 3 Minuten
Leder ist doch Leder, oder?
Grundsätzlich gibt es vielfältige Unterschiede zwischen den Ledern und Lederprodukten, die im Handel erhältlich sind. Leder ist also nicht gleich Leder, um das vorweg zu nehmen. Klar, es gibt leichtes und weiches Leder von Ziegen oder Schafen, es gibt festeres Rindsleder und dann noch die Exoten, so wie Kroko oder Schlange. 😉
Doch bleiben wir einmal beim Thema Full-Grain…
Inhalt
Full-Grain-Leder
Eine typische Rindshaut hat eine Dicke von 4-5 mm. Das Material ist so steif, dass es kaum genäht werden kann. Es wird deswegen geteilt (gespalten) und in eine handhabbare Form gebracht. Dabei ergeben sich der hochwertige Narbenspalt (Außenseite der Haut) und der etwas weniger hochwertige Innenteil (Fleischspalt). Durch die Spaltung der Häute ergeben sich handhabbare Lederhäute mit einer Stärke von 1-2…2,5 mm. Der Narbenspalt besitzt eine höhere Faserdichte, ist deswegen reißfester und gilt als hochwertiger. Charakteristisch für den Narbenspalt ist die klar erkennbare Porenstruktur. Bleibt diese über die einzelnen Herstellungsprozesse des Leders erhalten, redet man über Full-Grain.
Full-Grain bezeichnet also Leder, das aus dem Narbenspalt der Haut gewonnen wird und eine klare und unverfälschte Porenstruktur erkennen lässt. Bei Jurtenleder verwenden wir dieses Leder. Eine Besonderheit unseres Leders besteht darin, dass die Tiere der Nomaden ganzjährig draußen in der Steppe leben. Anders als bei konventioneller Stallhaltung sind sie den Witterungsbedingungen und dem rauen mongolischen Klima unterworfen. Die Häute sind deshalb extrem derbe und besitzen deutlich mehr Eigenheiten. Zudem ist das Porengefüge aufgrund des natürlichen Wachstums der Rinder etwas feiner.
Unser Leder
Der Weg von der Haut zum Leder umfasst bei uns mehr als 20 Arbeitsprozesse. Ein wesentlicher davon ist die Gerbung. Bei diesem Vorgang wir das Leder unter Einsatz verschiedener Gerbstoffe haltbar/widerstandsfähig gemacht bzw. konserviert und erhält seine typischen Eigenschaften. Die Gerbung kann entweder chemisch/synthetisch oder natürlich erfolgen. Besonders verbreitetet ist die Gerbung mit Chrom-(III)-Salzen, da sie besonders effektiv/schnell ist und ein leichtes aber strapazierfähiges Leder hervorbringt. Bei unsachgemäßer Gerbung können jedoch Giftstoffe, sogenannte Chrom-(VI)-Salze im Leder verbleiben. Diese sind eine wesentliche Ursache für Kontaktallergien im Zusammenhang mit Lederwaren. Kennt man den genauen Ursprung des Leders nicht, verbleibt vor allem bei sehr günstigen Ledern das Risiko solcher Schadstoffe, da der überwiegenden Teil des weltweit gehandelten Leders durch Chromsalze gegerbt wird.
Wir bei Jurtenleder setzen ausschließlich auf pflanzliche Gerbung. Die Konservierung des Leders erfolgt durch die Behandlung mit natürlichen Gerbstoffen aus verschiedenen Hölzern. Dieser Prozess ist deutlich aufwendiger als Chromgerbung, ist aber gesünder für Dich, die Mitarbeiter der Gerbereien und die Natur der Mongolei. Zudem besitzt das Leder durch die von uns genutzte Gerbmischung eine einzigartige, leicht holzige Duftnote. Im Vergleich zu Chromgegerbtem Leder ist natürliches Leder etwas schwerer.
Für unsere Geldbörsen, Notizbücher und Taschen setzen wir auf reine Handarbeit und eine jahrhuntertelange Handwerkstradition der Mongolen. Freilandhaltung, pflanzliche Gerbung und Färbung von Hand sind die wesentlichen Zutaten, die unseren Produkten eine einzigartige Farbstruktur verleihen. Das Fundament unserer Marke bildet Handarbeit von der Färbung bis zur Naht. Unsere Produkte sind keine Massenware, nicht von der Stange sondern echte Einzelstücke mit Charakter. Dafür ist Full-Grain der perfekte Rohstoff.
Wie erkennt man Full-Grain-Leder?
Der Name Full-Grain steht für ein unverfälschtes Porenprofil, eine ursprüngliche Narbung, die klar zu erkennen ist. Doch Vorsicht, ein Profil kann auch nachträglich leicht in das Leder eingearbeitet werden, z.B. durch Prägung. Wenn Das Narbenbild also sehr gleichmäßig erscheint, ist Vorsicht geboten. Es kann sich um Leder handeln, das nicht auf dem Narbenspalt gewonnen wurde. Die Poren sollten unterschiedlich groß und variabel angeordnet sein. Ein besonderes Indiz für echtes Full-Grain-Leder sind kleine Makel, wie Narben oder Kratzer sowie Farbvariationen als eindeutiges Zeichen des natürlichen Ursprungs.
Begriffs-Wirrwarr: Full-Grain-, Top-Grain- und Genuine-Leder
Dies sind alles Begriffe, die man im Zusammenhang mit Leder findet. Genuine besagt lediglich, dass es sich um echtes Leder handelt. Jenes kann sowohl aus dem Narbenspalt oder dem etwas günstigeren Fleischspalt gewonnen werden. Wie oben beschrieben, ist das Leder aus dem Narbenspalt aufgrund des dichteren Fasergefüges strapazierfähiger und hochwertiger. Sollte das Leder also mit “Genuine” versehen sein, handelt es sich wahrscheinlich nicht um das hochwertige Full-Grain, sondern etwas günstigeres Leder aus dem Fleischspalt mit etwas schlechteren Eigenschaften.
Top-Grain ist Leder aus dem Narbenspalt, das oberflächlich bearbeitet wurde, z.B. durch Anschleifen, um einen besonderen Griff und eine spezielle Pigmentierung zu ermöglichen. Das Porengefüge wird also bearbeitet und ist nicht mehr ursprünglich. Dennoch besitzt Top-Grain hervorragende Eigenschaften.
Wer Wert auf exzellentes Leder mit natürlichem Charakter legt, ist bei Full-Grain richtig aufgehoben. Haltbar und natürlich. Ein Leder mit Charakter.